Dienstag, 4. Februar 2020

Das Glück der Bücher

Anlässlich unserer antiquarischen Sonderschau "Glanzlichter" war im Dezember 2019 der "Buchmensch" Wulf D. von Lucius aus Stuttgart zu Gast. Lucius stammt aus einer einflussreichen Erfurter Kaufmanns- und Verlegerfamilie, gründete 1971 die renommierten Uni-Taschenbücher (UTB) und 1996, gemeinsam mit seiner Frau, den wissenschaftlichen Fachverlag Lucius & Lucius. Er ist Vorsitzender der Bibliophilen-Vereinigung "Maximilian-Gesellschaft", schrieb ein Standardwerk über die Verlagswirtschaft und publizierte als leidenschaftlicher Büchersammler zu bibliophilen Themen, u.a. 2000 Bücherlust. Vom Sammeln oder 2012 Das Glück der Bücher. Beiträge zu Buchästhetik und Buchgeschichte und hat viele Ehrenämter im Kulturbereich inne.

Der Bücherliebhaber Wulff D. von Lucius am Neuen Wall.

Im Gespräch mit Robert Eberhardt berichtete der 1938 geborene von Lucius von der verlegerischen Geschichte seiner Familie, die mit dem Verleger Gustav Fischer (1845 in Altona geboren) und dem Verlagsbuchhändler Johann Wilhelm Mauke (1859 in Hamburg gestorben) auch Verbindungen zu Hamburg besitzt. "Daher gab es auch bei mir die Lust an Büchern schon immer – und zwar in Verbindung mit dem Wunsch einen Bestand zu haben und zu ordnen“, so von Lucius. Diesem Wunsch entsprach er gemeinsam mit seiner Frau Akka, mit der er in den letzten fünf Jahrzehnten eine umfangreiche Sammlung antiquarischer Bücher zusammentrug: "Mein erster Kauf, der mich zum Sammeln verleidet hat, war ein rokokovergoldetes Büchlein. Es war die Ästhetik des 18. Jahrhunderts, die den Auftakt für meine Sammlung bildete. Dann kam das Interesse für Bücher des 19. Jahrhunderts hinzu, dann William Morris und das frühe 20. Jahrhundert, Pressedrucke und zu guter Letzt Künstlerbücher des 20. und 21. Jahrhunderts - also in gewisser Weise chronologisch", erläuterte von Lucius. Auf die Frage, was das Ansammeln vom Sammeln unterscheide, antwortete er, es sei die "Sammelbiographie", die sich über Jahrzehnte hinweg aufbaue, die Gedankenfäden, die sich zwischen den Büchern spannen, Geschichten ihres Erwerbs, emotionale Momente mit einem bestimmten Exemplar.

Dass das Interesse am Sammeln alter Bücher nicht unbedingt stärker wird, dafür kann der erfahrene Unternehmer einige Gründe nennen: Das Sammeln sei nicht mehr breit verankert, es sei ein Feld von Spezialisten. Ein Grund liegt für ihn im "unstetigen Räumlichen", wie er an vielen mobilen Biografien der jüngeren Generation beobachte. Auch lebten weniger Menschen in großen Häusern und Villen und es werde mehr Zeit außerhalb verbracht, beispielsweise in Lokalen, und weniger im Häuslichen - andere Lebensbedingungen, die einfach weniger Zeit "zu weit" mit den Büchern ermöglichen... 

Von Lucius bedauert den Rückgang der Antiquariate, das Verschwinden des antiquarischen Buches aus der öffentlichen Wahrnehmung. "Umso schöner, dass es bei Felix Jud diesen anderen Bereich weiterhin gibt", lobte von Lucius und erinnerte an die ehemaligen Geschäftsführer Felix Jud und Wilfried Weber, die er beide persönlich kannte. "Wilfried Weber, lebensfreudig und lässig, war für mich immer ein wichtiger Gesprächspartner gewesen, ein feiner, sehr überlegten und zurückgenommen Menschen, sehr fachkundig im Bereich des bibliophilen Antiquariats. Er hat sich immer stark gemacht für das luxuriöse, teure Buch“, so von Lucius. Er wollte damit in seiner Buchhandlung „Maßstäbe setzen“.
 
Von Lucius stellt Melchior Lechter vor.
Schließlich stellte Wulf D. von Lucius einige Titel aus dem Antiquariat vor, wie Das Hamburgische Adressbuch von 1880, das er stellvertretend für viele Sammlungen sieht, denn ein großer Teil der Büchersammler würde einen lokalen Fokus verfolgen. Auch in seiner Sammlungen seien beispielsweise Heidelberg und Paris ein starkes Gebiet. 

Außerdem präsentierte er von Friedrich Hölderlin: Hyperion oder der Eremit in Griechenland, ein Druck der Ernst-Ludwig-Presse. Mit dem Pressen-Druck Amo von Henry van de Velde als "Übergangsdruck" zum Bauhaus stellte von Lucius schließlich den originalen, seltenen Katalog des Bauhauses von 1923 vor, u.a. mit Texten von von W. Gropius, W. Kandinsky, P. Klee, L. Moholy-Nagy und O. Schlemmer. Gewürdigt wurde auch Das Märchen vom Sinn von Melchior Lechter, dem Buchgestalter von Stefan George, der ein phantasievolles, verschrobenes und religiös überhöhtes Werk schuf, die Einhorn-Presse gründete und u.a. mit vergoldeten Messingplatten und Halbedelsteinen in der Buchgestaltung arbeitete. Zu guter letzt präsentierte er zwei Künstlerbücher von Gunnar Kaldewey: "Beim Künstlerbuch ist die Textwahrnehmung eine langsamere und steht im Gegensatz zur körperlosen Infobeschaffung des digitalen Zeitalters", so von Lucius. 

--> Besuchen Sie uns gerne am Neuen Wall und stöbern Sie in unserem Antiquariat. 

Bücher aus dem Antiquariat Felix Jud.

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