Anlässlich unserer antiquarischen Sonderschau "Glanzlichter" war
im Dezember 2019 der "Buchmensch" Wulf D. von Lucius aus Stuttgart zu
Gast. Lucius stammt aus einer einflussreichen Erfurter Kaufmanns- und
Verlegerfamilie, gründete 1971 die renommierten Uni-Taschenbücher (UTB) und
1996, gemeinsam mit seiner Frau, den wissenschaftlichen Fachverlag Lucius &
Lucius. Er ist Vorsitzender der Bibliophilen-Vereinigung
"Maximilian-Gesellschaft", schrieb ein Standardwerk über die
Verlagswirtschaft und publizierte als leidenschaftlicher Büchersammler zu
bibliophilen Themen, u.a. 2000 Bücherlust. Vom Sammeln oder 2012 Das
Glück der Bücher. Beiträge zu Buchästhetik und Buchgeschichte und hat viele
Ehrenämter im Kulturbereich inne.
Der Bücherliebhaber Wulff D. von Lucius am Neuen Wall. |
Im Gespräch mit Robert Eberhardt berichtete der 1938 geborene von Lucius
von der verlegerischen Geschichte seiner Familie, die mit dem Verleger Gustav
Fischer (1845 in Altona geboren) und dem Verlagsbuchhändler Johann Wilhelm
Mauke (1859 in Hamburg gestorben) auch Verbindungen zu Hamburg besitzt.
"Daher gab es auch bei mir die Lust an Büchern schon immer – und zwar in
Verbindung mit dem Wunsch einen Bestand zu haben und zu ordnen“, so von Lucius.
Diesem Wunsch entsprach er gemeinsam mit seiner Frau Akka, mit der er in den
letzten fünf Jahrzehnten eine umfangreiche Sammlung antiquarischer Bücher
zusammentrug: "Mein erster Kauf, der mich zum Sammeln verleidet hat, war
ein rokokovergoldetes Büchlein. Es war die Ästhetik des 18. Jahrhunderts, die
den Auftakt für meine Sammlung bildete. Dann kam das Interesse für Bücher des
19. Jahrhunderts hinzu, dann William Morris und das frühe 20. Jahrhundert,
Pressedrucke und zu guter Letzt Künstlerbücher des 20. und 21. Jahrhunderts -
also in gewisser Weise chronologisch", erläuterte von Lucius. Auf die
Frage, was das Ansammeln vom Sammeln unterscheide, antwortete er, es sei die
"Sammelbiographie", die sich über Jahrzehnte hinweg aufbaue, die
Gedankenfäden, die sich zwischen den Büchern spannen, Geschichten ihres Erwerbs,
emotionale Momente mit einem bestimmten Exemplar.
Dass das Interesse am Sammeln alter Bücher nicht unbedingt stärker wird,
dafür kann der erfahrene Unternehmer einige Gründe nennen: Das Sammeln sei
nicht mehr breit verankert, es sei ein Feld von Spezialisten. Ein Grund liegt
für ihn im "unstetigen Räumlichen", wie er an vielen mobilen
Biografien der jüngeren Generation beobachte. Auch lebten weniger Menschen in
großen Häusern und Villen und es werde mehr Zeit außerhalb verbracht,
beispielsweise in Lokalen, und weniger im Häuslichen - andere
Lebensbedingungen, die einfach weniger Zeit "zu weit" mit den Büchern
ermöglichen...
Von Lucius bedauert den Rückgang der Antiquariate, das Verschwinden des
antiquarischen Buches aus der öffentlichen Wahrnehmung. "Umso schöner,
dass es bei Felix Jud diesen anderen Bereich weiterhin gibt", lobte von
Lucius und erinnerte an die ehemaligen Geschäftsführer Felix Jud und Wilfried
Weber, die er beide persönlich kannte. "Wilfried Weber, lebensfreudig und
lässig, war für mich immer ein wichtiger Gesprächspartner gewesen, ein feiner,
sehr überlegten und zurückgenommen Menschen, sehr fachkundig im Bereich des
bibliophilen Antiquariats. Er hat sich immer stark gemacht für das luxuriöse,
teure Buch“, so von Lucius. Er wollte damit in seiner Buchhandlung „Maßstäbe
setzen“.
Schließlich stellte Wulf D. von Lucius einige Titel aus dem Antiquariat
vor, wie Das Hamburgische Adressbuch von 1880, das er stellvertretend
für viele Sammlungen sieht, denn ein großer Teil der Büchersammler würde einen
lokalen Fokus verfolgen. Auch in seiner Sammlungen seien beispielsweise
Heidelberg und Paris ein starkes Gebiet.
Außerdem präsentierte er von Friedrich Hölderlin: Hyperion oder der Eremit in Griechenland, ein Druck der Ernst-Ludwig-Presse. Mit dem Pressen-Druck Amo von Henry van de Velde als "Übergangsdruck" zum Bauhaus stellte von Lucius schließlich den originalen, seltenen Katalog des Bauhauses von 1923 vor, u.a. mit Texten von von W. Gropius, W. Kandinsky, P. Klee, L. Moholy-Nagy und O. Schlemmer. Gewürdigt wurde auch Das Märchen vom Sinn von Melchior Lechter, dem Buchgestalter von Stefan George, der ein phantasievolles, verschrobenes und religiös überhöhtes Werk schuf, die Einhorn-Presse gründete und u.a. mit vergoldeten Messingplatten und Halbedelsteinen in der Buchgestaltung arbeitete. Zu guter letzt präsentierte er zwei Künstlerbücher von Gunnar Kaldewey: "Beim Künstlerbuch ist die Textwahrnehmung eine langsamere und steht im Gegensatz zur körperlosen Infobeschaffung des digitalen Zeitalters", so von Lucius.
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Bücher aus dem Antiquariat Felix Jud. |