Die Fenster des Pariser Ateliers von Alberto Giacometti (1901-1966) durfte seine Frau Annette niemals putzen. Undenkbar! Denn der nur 18 Quadratmeter große Raum sollte unantastbar bleiben, bildete er doch für den Künstler ein Spielfeld zur Untersuchung der Konstellation der Dinge zueinander – ebendies war ihm Zeit seines Lebens wichtig. Ganz gleich, ob das Atelier, kein Licht und keine Heizung hatte: Für Giacometti bildete es 40 Jahre lang seinen Lebens- und Arbeitsraum. „Für ihn selbst wurde der Raum über die Jahre immer größer, was zeigt, dass Raumerfahrung etwas Relatives ist“, erklärt Kuratorin Dr. Annabelle Görgen-Lammers.
Seit dem 25. Januar und noch bis zum 15. Mai zeigt die Hamburger Kunsthalle unter dem Titel „Spielfelder“ rund 200 Werke aus 40 Jahren Schaffenszeit des Künstlers. Dabei wird dem Besucher auch vor Augen geführt, welche Bedeutung das surrealistische Frühwerk Giacomettis für sein Wirken hat. „Wir wollen den jungen Giacometti zeigen. Nicht den Prototypen des existenzialistischen Künstlers, den alle kennen“, erklärt Görgen-Lammers. In dem berühmten Pariser Atelier, das später zum Hotspot insbesondere für amerikanische Kunstsammler avancieren sollte, entstand Giacomettis Idee der Skulptur als Platz; er füllte den Raum mit Skulpturen, inszenierte sie mit den Wohnelementen und imaginierte sich gewissermaßen in den Schöpferblick von oben mit dem wesentlichen Anliegen, die einzelnen Elemente wie auf einer Spielfläche zu positionieren – um die Atmosphäre des spannungsvollen Miteinanders, das auch das reale Leben kennzeichnet, zu erkunden.
„Giacometti versuchte stets festzuhalten, was das Leben ausmacht, die Totalität des Lebens in all ihren Brüchen und Zufällen zu fassen“, führt Görgen-Lammers aus.
Des Künstlers größter Traum war es, Skulpturen auf einem öffentlichen Raum zu inszenieren. Erst wenige Jahre vor seinem Tod allerdings erhielt er den Auftrag, Skulpturen für die Chase Manhattan Plaza in New York City zu entwerfen: Die berühmte Figurengruppe Schreitender Mann, Großer Kopf und Große Stehende. Geradezu verbissen erprobt Giacometti im Atelier immer wieder aufs Neue die Positionierung der Figuren. Da keine seiner Lösungen ihm gut genug erscheint, kommt es nie zu einer Realisierung des Projektes. „Stilvoll verzweifelt“, „eigenwilliger Zweifler“ oder „Zweifler der Idylle“ lauten nicht zuletzt deshalb die Betitelungen Giacomettis in den Medien. Die Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle, wo auch die berühmte Figurengruppe zu sehen ist, macht Giacometti und sein Werk in all seinen Facetten spürbar.
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Copyright Foto:
© Jacques-André Boiffard (1902-1961)
Alberto Giacometti, 1931
Photographie, späterer Abzug, 21 x 29 cm
Sammlung Fotostiftung Schweiz, Winterthur
© Jacques-André Boiffard / Sammlung
Fotostiftung Schweiz, Winterthur
© Alberto Giacometti Estate (Fondation
Alberto et Annette Giacometti,
Paris) 2013
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